Sonntag, 9. März 2008

Floristen im Großeinsatz

Was fällt Euch zum 8. März ein? Die Wahl von Papst Gelasius II. im Jahr 1118? Die Gründung von Eintracht Frankfurt 1899? Oder der Eintritt der Vereinigten Staaten in den Vietnamkrieg 1965? Stimmt alles. Das ist für Russland aber alles ziemlich schnuppe. Hier ist es der Internationale Frauentag, ursprünglich von der sozialistischen Frauenbewegung um Clara Zetkin begründet, um den Einsatz für gleiche Chancen und Möglichkeiten für Frauen und Männer zu befördern. In Deutschland unbedeutend, ist der 8. März in Russland offizieller Feiertag.

Die Männer und ihre Frauen
In den Tagen davor sind die Floristen im Großeinsatz und machen einen riesigen Umsatz, Männer jagen auf der Suche nach den schönsten Blumen auf den Märkten herum, in jedem Haushalt stapeln sich die Blumen, welche am Arbeitsplatz, in der Schule oder von Freunden verschenkt wurden. Egal wo: Am 8. März wird von den russischen Männern erwartet, dass sie den Frauen in Ihrer Umgebung Aufmerksamkeiten zukommen lassen. Würden sie das nicht tun, dann wäre die Damenwelt sehr enttäuscht. 10% aller Frauen erwarten laut Umfrage zum Frauentag keine Geschenke. Umkehrschluss: 90% erwarten von den Männern etwas zu bekommen. Da kann man ganz schön unter Stress geraten: „Ist meine Freundin mit dem Geschenk zufrieden?“ „Ich brauch noch dringend was für meine Mutter!“ „Hoffentlich habe ich niemanden vergessen.“ Aber wehe, es wird erst am 9. März verschenkt. Dann ist das alles schon nichts mehr wert.

Frauen über den Frauentag
Meine (deutschen) Mitstudentinnen haben eine etwas andere Meinung zum Frauentag [sie sitzen grad neben mir in der Küche]. Friederike hält es für ne „Alibiveranstaltung“. Carolin scheint es so, dass in Russland sich die Aufmerksamkeiten der Männer nur auf einen Tag beschränken: „Wir schenken den Männern 365 Tage im Jahr Liebe, Unterstützung, Geborgenheit. Und was schenken uns die Männer?“ Über kleine Geschenke würde man sich ja eigentlich jeden Tag im Jahr darüber freuen. Susanne gefällt es ebenfalls nicht, dass sich alles nur auf einen Tag konzentriert: „Man soll was verschenken, wann man Lust zu hat, und nicht dann, wann es die Gesellschaft vorgibt. Das ist wie mit dem Valentinstag.“

Unpolitisch
Und leider hat dieser Tag seine politische Bedeutung auch in Russland vollständig verloren. Niemand denkt noch daran, dass Frauen immer noch geringere Löhne erhalten, die Erziehungsaufgaben häufig nur an den Müttern hängenbleiben und sogar der Präsident sich als Macho gibt und dafür geliebt wird.

Also abschaffen?
Sollten die Russen dann also nicht den 8. März abschaffen? Heute früh haben Sergej und ich unsere Mitbewohnerinnen beschenkt. Sie haben sich richtig gefreut – und Schenken macht Spaß. Nein, wenn alle sich freuen, dann lasst uns auch den 8. März 2009 wieder feiern!

Keine Kommentare: